Kurzinterview mit Sr. Judith Kohorst
Gemeinschaft: Franziskanerinnen von Lüdinghausen
Alter: 50 Jahre
In der Gemeinschaft seit: seit 25 Jahren
Schwester Judith ist Franziskanerin, Pastoralreferentin und lebt mit 4 anderen Ordensfrauen- und männern und einem Diözesanpriester in GASThaus undGASTkirche in Recklinghausen, wo sie gemeinsam mit vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern zwei Türen offen halten: die Tür der Gastkirche für spirituell suchende Menschen und die Tür des Gasthauses für Menschen in Not.
Was heißt für Sie: „ich weihe mein Leben Gott“?
Da musste ich schon ein bisschen nachdenken, ich würde den Satz so spontan nicht verwenden. Ich glaube, dass jedes Leben Gott geweiht ist, der es geschaffen hat, der in uns Menschen etwas von seinem Abbild gelegt hat. Meine Antwort darauf ist der Weg in einer Ordensgemeinschaft: Zusammen mit anderen das vom Evangelium leben, was wir begriffen haben. Aber natürlich gibt es ganz unterschiedliche Antworten, die auch alle mit „geweihtem Leben“ zu tun haben.
Was ist ihre größte Freude am geweihten Leben?
Gemeinsam mit vielen (Ordensschwestern und –brüdern, Mitchristinnen und Mitchristen und anderen) Menschen unterwegs zu sein, gerade auch mit den sogenannten Menschen an den Rändern der Gesellschaft - in dem Vertrauen, dass Jesus mit uns auf dem Weg ist.
Was macht Ihnen Mut?
Das Engagement so vieler Menschen, das ich hier in Gasthaus und Gastkirche Recklinghausen erleben darf.
Wovor haben Sie Angst?
Vor Strömungen von Fundamentalismus und Rechtsextremismus, die ich Kirche und Gesellschaft wahrnehme.
Welches Wort der Bibel ist Ihnen besonders wichtig?
Apg 2, 4: "Da wurden sie alle von heiliger Geistkraft erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden; wie die Geistkraft es ihnen eingab, redeten sie frei heraus." – Gottes Geistkraft, die in allen Frauen und Männern wirkt und Gespräch und Verstehen, also neue Gemeinschaft ermöglicht: über Länder und Grenzen hinweg.
Wen möchten Sie im Himmel auf jeden Fall treffen?
All die Menschen, die mir lieb sind. Und ich würde gerne mit Franziskus barfuß über eine Wiese tanzen.
Was würden Sie jungen Menschen von heute sagen?
Habt Mut, euren eigenen Weg zu suchen und zu gehen.
Warum ist es großartig, Christin/Christ zu sein?
Ob es großartig ist, weiß ich nicht, aber es ist ein Geschen
Welche Eigenschaften braucht man unbedingt als Ordensmann/Ordensfrau?
Die Ausdauer, ein Leben lang auf dem Weg zu bleiben. Die Fähigkeit, gemeinsam mit anderen unterwegs zu sein. Das Vertrauen, dass Jesus mit uns auf dem Weg ist.
Was möchten Sie in der Kirche ändern?
Als dringlich notwendige Veränderungen sehe ich: Weniger ängstliches Beachten von Vorschriften und mehr Suchen, Probieren und Wagen – im Vertrauen, dass Gottes Geist uns schon nicht allein lässt. Weniger Hierarchie und mehr Miteinander auf Augenhöhe. Weniger Kreisen um die innerkirchlichen Probleme und mehr Offenheit für die großen Nöte unserer Zeit. Von der längst überfälligen Frage der Gleichberechtigung von Frauen – auch im Priesteramt – mal ganz zu schweigen…
Gott sei Dank fängt Papst Franziskus ja an, so Einiges in Bewegung zu bringen.