Wo Barmherzigkeit gelebt wird: Die Kommunität der Gastkirche im "Haus der Seelsorge"

Schwester Franziska Kaupp nimmt die Fürbitten von der Pinnwand ab und betet mit der Kommunität für die Anliegen der Menschen.

Mitten in der Recklinghäuser Altstadt stehen Gastkirche und Gasthaus. Hier finden Gäste sowohl seelische als auch körperliche Hilfe. Und das übrigens schon seit Anfang des 15. Jahrhunderts. Früher wurden kranke und gebrechliche Menschen aufgenommen. Viel hat sich daran bis heute nicht geändert. Denn die Menschen, die im Gasthaus leben – eine muntere Kommunität bestehend aus den Canisianern Bruder Bernhard Sobota und Bruder Ralf Zimmer, Schwester Judith Kohorst, Franziskanerin von Lüdinghausen, Schwester Franziska Kaupp, Missionsschwester vom Heiligsten Erlöser, und Pfarrer Ludger Ernsting – unterstützen und begleiten. Mehr als 250 Ehrenamtlichen helfen dabei.

Deutlich wird die Hilfe nicht erst, seit es am Gasthaus eine von vier "Pforten der Barmherzigkeit" im Bistum Münster gibt. "Aber wir gehen vielleicht noch einmal anders mit dem Thema ‚Barmherzigkeit’ um. Nicht herablassend, sondern wir begegnen einander auf Augenhöhe", sagt Schwester Franziska. Den anderen zu akzeptieren, nachsichtig zu sein, ihn ins Herz zu schließen – das beinhaltet für die Ordensfrau Barmherzigkeit. In diesem heiligen Jahr der Barmherzigkeit finden neben dem ohnehin bereits umfangreichen Programm noch zahlreiche Veranstaltungen statt, die aus unterschiedlichen Perspektiven das Thema "Barmherzigkeit" in den Blick nehmen.

In der Gastkirche und im Gasthaus wird Barmherzigkeit konkret. Denn im Haus bestehen viele verschiedene Angebote. Es gibt ein kostenloses Frühstück. Ein Mittagessen wird für einen Euro angeboten. Im Keller befindet sich eine Kleiderkammer, in der Wäsche getauscht oder gewaschen werden kann. Fünf Gästezimmer stehen ebenso zur Verfügung. Es gibt eine Gruppe, die sich um Menschen im Gefängnis kümmert. Stirbt ein Gast, hat es sich die Kommunität zur Aufgabe gemacht, für eine würdige Bestattung zu sorgen. Eine Gruppe kümmert sich um die Pflege der Gräber. "Zudem machen wir gemeinsam an Allerheiligen einen Rundgang auf dem Friedhof, um das Andenken an die Menschen zu bewahren, die mit uns gelebt haben", berichtet Schwester Franziska.

Neu hinzugekommen ist beispielsweise das "Café Respekt", in das eine Gruppe Ehrenamtlicher jede Woche am Mittwochnachmittag einlädt. "Es ist für jeden offen. Bei Kaffee und Kuchen begegnen sich Menschen, die sich sonst vielleicht nicht über den Weg laufen und miteinander ins Gespräch kommen", berichtet Schwester Franziska. Die Gäste im Haus seien oft isoliert, kämen von den Rändern der Gesellschaft. "Es ist gut, dass sie sich ungezwungen annähern können", hat die Ordensfrau beobachtet. Ebenso hat sie erfahren, wie wichtig eine sinnvolle Beschäftigung sei. Gemeinsam mit einigen Gästen hat sie beispielsweise ein kleines Rasenstück in der Nähe mit Blumen und Gemüse bepflanzt.

Schwester Franziska lebt seit zwei Jahren im Gasthaus. Sie liebt die vielseitigen Aufgaben im und rund um das Haus von der Seelsorge bis zum kreativen Gestalten. "Vorher war mir nicht bewusst, was es heißt, in Deutschland arm zu sein", gibt sie zu. Zahlreiche Gespräche hat sie geführt und viel über die sozialen Probleme der Menschen erfahren.

Doch nicht nur im Gasthaus gibt es Hilfe. Ebenso in der Gastkirche, wenn auch mit einem anderen Schwerpunkt. So wird ein Gesprächsdienst von Ehrenamtlichen getragen. Sie sind vormittags und nachmittags für jeweils zwei Stunden präsent. "Zudem sind alle Menschen zu unseren Gebetszeiten und Gottesdiensten eingeladen", informiert Schwester Franziska. Zur Laudes, zum meditativen Gebet "Atempause", zur Eucharistiefeier oder samstagsmittags zum Friedensgebet. "Donnerstag haben wir Ruhetag. Dieser Erholungstag ist notwendig für jeden von uns. Ich fahre beispielsweise zu meiner Gemeinschaft nach Bochum. Es ist wichtig, den Kontakt zur Gemeinschaft zu halten", sagt Schwester Franziska.

In der Gastkirche hängt eine Pinnwand. Menschen können ihre Sorgen, Nöte und Bitten auf einen Zettel schreiben und dort anheften. Im Monat Mai ist das auch über das Internet möglich. Dann nimmt die Kommunität der Gastkirche und des Gasthauses die Anliegen der Nutzer des "Hauses der Seelsorge" des Bistums Münster mit in ihr Gebet.

Informationen zur Gastkirche und Gasthaus finden sich im Internet unter: www.gastkirche.de. Das "Haus der Seelsorge" ist mit seinen Angeboten seit dem 1. Mai im Internet erreichbar unter: www.haus-der-seelsorge.de.

 

 

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