Ordenstag 2016: Der Gast eines anderen werden
"Der Gast eines anderen werden" dieses Zitat des französischen Jesuiten Michel de Certeau diente als Leitwort, des diesjährigen Ordenstages. Rund 150 Ordensleute machten sich am 24. September auf den Weg nach Münster, um dort zugleich Gast und Gastgeber zu sein und zu werden. Eingeladen hatten der Rat der Orden und Säkularinstitute unterstützt durch das Ordensreferat.
Prof. Dr. Margit Eckholt, Professorin für Fundamentaltheologie und Dogmatik in Osnabrück, eröffnete den Tag mit dem Geistlichen Wort im St. Paulus-Dom. Sr. Anne Kurz vom Ordensrat charakterisierte die Referentin als eine anspruchsvolle Theologin, die im Rückgriff auf Philosophie, Poesie und Mystik über das Heute des Glaubens reflektiere. "Eines der großen Zeichen der Zeit zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist das Phänomen der globalen Migration", führte Prof. Dr. Margit Eckholt in ihrem Impuls aus.
Menschen seien auf der Suche nach Sehnsuchtsorten erleiden dabei aber nicht selten auf unterschiedliche Weise Schiffbruch. Sie durchschreiten auf der Suche nach dem ersehnten Eldorado Grenz- und Zwischenorte, Andersorte. Gott erweist sich als jener, der Räume eröffnet als Gekreuzigter und als Auferstandener. Eckholt machte die Ordenschristen darauf aufmerksam, dass sie durch ihr Dasein und ihre Hingabe mitten in der Zerbrechlichkeit der Welt Orte schaffen können, in denen menschliche Schwäche Raum hat und so "Gott als Gast" eintreten kann. In diesem Sinne bietet der Glaube weder Sicherheit noch "Überkleidung" mit falscher Stärke, sondern er wird zum Habitus – zum neuen Kleid – als Abenteuer Gastfreundschaft. Gerade das ist österliche Lebenskultur, in der Gott sich selbst als Gabe gibt.
Dies wurde dann nochmal in besonderer Weise am Nachmittag in einer feierlichen Eucharistiefeier im St. Paulus Dom erfahrbar, die Bischof Dr. Felix Genn mit Pater Hans Pittruff vom Ordensrat und dem stellvertretenden Generalvikar Dr. Jochen Reidegeld, dem Leiter der Fachstelle Orden, Säkularinstitute und Geistliche Gemeinschaften des Bistums zelebrierte. In seiner Predigt gab Bischof Dr. Felix Genn zu bedenken, dass Jesus sich nicht nur in seinem Tod sondern ständig für alle Menschen ausliefere und hingebe. Im Blick auf das Leitwort ergänzte er: "Er ist da, um Gast von den vielen anderen und seiner selbst zu werden." Ausdrücklich ermunterte er die Ordensleute, über diesen Gedanken für sich selbst weiter zu meditieren. Die Jünger hätten sich laut Evangelium gescheut, Jesus nach der Bedeutung seiner Worte zu fragen. "Für uns aber gehört die tägliche Betrachtung zu den Grundwerten", verdeutlichte der Bischof, "scheuen wir uns nicht, ihm auch Unverstandenes hinzuhalten. Öffnen wir ihm die Tür, dann wird das Wort der Hingabe in jeder Eucharistiefeier ganz konkret, dann gehören wir ihm ganz." Der Bischof schloss mit den Worten: "Wir werden hinaus geschickt, damit wir Gast sein können und Gäste haben".
Nach einem Tag der Begegnung und des Austauschs kehrten alle, Gäste sowie Gastgeber mit vielfältigen Denkanstößen in ihre Gemeinschaften zurück. Abwechslungsreiche Anregungen, spiritueller, sozial-caritativer und kultureller Natur füllten den Tag zwischen Geistlichem Wort am Vormittag und der Predigt am Nachmittag. Möglich wurde die breite Programmpalette durch zahlreiche Mitwirkende aus den Ordensgemeinschaften, den Geistlichen Gemeinschaften und nicht zuletzt dem Fachdienst für Integration und Migration des Caritasverbands. Ihnen allen sei an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich ein Dank gesagt.
Text: Sr. Birgit Klöckner