Mit Werten und Sinn geprägt
Sie verlassen die Einrichtung, die sich um die Belange von Kindern, Jugendlichen und Familien kümmert, und kehren in das Mutterhaus der Ordensgemeinschaft der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung nach Münster zurück. Damit verlassen die letzten beiden Vorsehungsschwestern Oer-Erkenschwick.
„Als Novizin war ich das erste Mal für zehn Monate im Junikum, das bis 2011 Kinderheim St. Agnes hieß. Es gehörte zu unserer Ausbildung, das Leben außerhalb der Klostergemeinschaft kennenzulernen“, berichtet Schwester Lucie, die sich 1964 für den Eintritt in den Orden in Münster entschieden hatte. 1975 kehrte die heute 80-Jährige nach Oer-Erkenschwick zurück, inzwischen mit Ausbildungen als gelernte Jugend- und Heimerzieherin sowie als Heilerziehungspflegerin im Gepäck. Ab 1982 übernahm sie die pädagogische Leitung des Hauses. „Früher waren durchweg 15 Schwestern im Kinderheim tätig. Ab 1970 kamen aber auch immer mehr Mitarbeitende von außen hinzu, weil sich der Personalschlüssel in der Betreuung änderte und die Schwestern älter wurden“, informiert Schwester Lucie. Ihr hätten die Aufgaben viel Freude gemacht. „Mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten, das war mein Ding. Ich habe die Freizeit mit ihnen gestaltet und bin auch mit ihnen ans Meer gefahren. Das waren immer besondere Tage“, erinnert sie sich gern.
Schwester Gerlinde führte ihr Weg nach Stationen in Wesel und Xanten 1982 nach Oer-Erkenschwick. Als Hauswirtschaftsleiterin war sie für die Verpflegung von 60 Kindern in der Küche verantwortlich. „Nach und nach haben unsere Mitschwestern die Niederlassung verlassen. Besonders die jüngeren sind mehr in die pastoralen Arbeit gegangen“, berichtet sie von einem Wechsel. Auch sie habe immer gern im Kinderheim gearbeitet. „Es war eine sinnvolle Tätigkeit. Ich habe dafür gesorgt, dass es den Kindern gut geht und sie alles haben. Ein besonders großes Thema war für sie immer der Nachtisch“, verrät sie lachend.
Den beiden Ordensfrauen war es stets ein Anliegen, den Kindern eine Tagesstruktur zu geben und in das normale Leben hineinzuführen. „Sie kamen oft mit nichts“, informiert Schwester Lucie, die als gelernte Schneiderin bei ihrem ersten Aufenthalt sogar die Kinder noch mit selbst genähter Kleidung versorgt hat. Ende 1994 hat sie mit 65 Jahren sämtliche Ämter in der Einrichtung abgegeben und den Staffelstab an ihren Nachfolger Thomas Kurth weitergegeben, der die Einrichtung noch heute unter neuem Konzept und mit dem neuen Namen „Junikum“ leitet.
Doch weiterhin engagierte sich Schwester Lucie mit Unterstützung von Schwester Gerlinde in unterschiedlichen Freizeit-Projekten vom Schwarzlichttheater über Musikunterricht bis hin zur Nähwerkstatt für die Kinder und Jugendlichen. „Wir verstehen uns gut, haben ein schönes Miteinander und sind ein eingespieltes Team“, sagt Schwester Lucie über ihre kleine Kommunität. Mit etwas Wehmut blicken sie nun auf ihren Abschied in Oer-Erkenschwick. „Wir müssen viele Kontakte zurücklassen und können uns wegen der Corona-Pandemie auch nicht von allen verabschieden. Es war eine schöne Zeit hier. In Münster beginnen wir mit unseren Mitschwestern neu“, blickt Schwester Schwester Gerlinde Bußmann und Schwester Lucie Timmerhaus beenden in diesen Tagen ein wichtiges Kapitel in ihrem Leben und in der Geschichte des Junikums. Lucie hoffungsvoll in die Zukunft. Auch Schwester Gerlinde, die 1964 in Kevelaer eingetreten ist, freut sich auf den Neubeginn im Mutterhaus. „Ich komme in die Obhut der Ordensgemeinschaft zurück und freue mich auf manche Erleichterung“, gibt die 86-Jährige zu.
Dass nun die letzten beiden Vorsehungsschwestern gehen, betrachtet Kurth mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Auf der einen Seite weiß ich die Schwestern in guten Händen. Sie kehren in den Schoß ihres Ordens zurück. Aber es gehen zwei gute Freundinnen, die mit ruhiger, sanfter und seelsorglichen Hand bei uns gewirkt haben. Die Vorsehungsschwestern haben unsere Einrichtung mit Werten und Sinn aus der Tiefe der Vergangenheit geprägt“, würdigt der Geschäftsführer das langjährige Engagement.