Die Mauritzer Franziskanerinnen verlassen Stift Tilbeck
Fast 118 Jahre waren die Franziskanerinnen von Münster-Mauritz in Stift Tilbeck aktiv. Nun wird der Konvent, in dem zur Zeit fünf Schwestern miteinander leben, zum Ende des Monats aufgelöst. "Als ich 1970 als junge Ordensfrau zum ersten Mal ins Stift Tilbeck kam, waren wir 56 Schwestern, die in unterschiedlichen Bereichen von der Hauswirtschaft bis zur Pflege gearbeitet haben", erinnert sich Schwester M. Engelhardi Leferink gut an ihre erste Zeit in Havixbeck. Zehn Jahre war sie in der als "Pflegeanstalt für epileptische Kinder" 1881 gegründeten Einrichtung tätig. 2011 kehrte sie als Oberin des Konvents wieder zurück. "Die Auflösung ist im Wesentlichen dem Alterungsprozess geschuldet. Wir finden keine jungen Schwestern mehr. Das ist allerdings ein Problem zahlreicher Orden", sagt die 74-Jährige und fügt versöhnlich hinzu: "Die Aufgaben, die wir früher ausgefüllt haben, werden jetzt auch gut von anderen wahrgenommen."
Viel hat sich verändert. Sowohl in Stift Tilbeck als auch insgesamt in der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen. "Aus einer Anstalt ist eine pädagogische Einrichtung geworden", bringt es Bernward Jacobs auf den Punkt. Seit mehr als 18 Jahren leitet er als Geschäftsführer das Stift. "Wir haben die starke Dominanz des Ortes Tilbeck aufgegeben und das dezentrale Wohnen sowie Arbeiten ausgebaut", berichtet Jacobs. Es gibt inzwischen Dienste und Einrichtungen an den Standorten Münster, Nottuln, Senden, Billerbeck und Havixbeck. Jacobs selbst geht Ende September in den Ruhestand gibt und die Geschäftsführung der Stift Tilbeck GmbH an Ruth Meyerink und Thomas Kronenfeld weiter.
Bei allen Veränderungen ist der Geist der Ordensfrauen erhalten geblieben. Der Glaube und die Spiritualität spiegeln sich im Leitbild des Stifts wieder. "Sie bilden die Klammer, die Mitarbeitende und Bewohner zusammenhält. Die Schwestern haben den Menschen vor Ort viel Sicherheit gegeben. Sie waren immer eine feste Größe, obwohl sich viel verändert hat", sagt Meyerink. Die 54-jährige Diplom-Sozialpädagogin und Diplom-Sozialwirtin arbeitet seit zehn Jahren in der Verwaltung der Einrichtung. Neu im Stift ist Kronenfeld. Der 49-jährige Betriebswirt kommt aus der freien Wirtschaft und war in den vergangenen elf Jahren in einer Seniorenwohn- und pflegeeinrichtung in Ramsdorf tätig.
Die neue Doppelspitze hat ihren Grund. "Es gibt jetzt eine betriebswirtschaftliche und eine pädagogische Leitung, die zusammenarbeitet", erklärt Jacobs. Das sei in der heutigen Zeit, in der sich die Strukturen ständig verändern, eine sinnvolle Lösung. "Das betrifft sowohl wirtschaftliche als auch konzeptionelle Strukturen, die wir vernünftig ausloten müssen. Es wird die Herausforderung der nächsten Jahre werden", erklärt Kronenfeld. 800 Mitarbeitende beschäftigt die Stift Tilbeck GmbH. "Rechnen wir unsere Beschäftigten in den Werkstätten hinzu, kommen wir auf 1500 Menschen, die bei uns in Lohn und Brot stehen", informiert Jacobs.
Die Schwestern waren immer ein Teil der Wohn- und Arbeitsgemeinschaft. "Fürsorge und Achtsamkeit zu leben, das zeichnet diesen Ort aus. Einen Ort, der heute Begegnungsraum für Menschen mit und ohne Behinderung ist", sagt Meyerink und verweist beispielsweise auf die Münsterlandschule, die seit 2008 auf dem Gelände untergebracht ist.
Schwester Engelhardi bedauert, dass die Ära der Franziskanerinnen von Münster-Mauritz in Stift Tilbeck wie auch in einigen anderen Häusern zu Ende ist. "Natürlich ist der Abschiedsschmerz da. Aber jetzt sind wir in einem Alter, in dem wir uns noch an einem neuen Ort eingewöhnen können. So wie es ist, ist es gut", sagt die 74-Jährige. Sie selbst wird in einen kleinen Konvent in der Reha-Klinik Maria Frieden in Telgte ziehen "und noch ein bisschen mitarbeiten".